Was ist ein Freischwinger? Die Bezeichnung "Freischwinger" leitet sich von der Form dieses exklusiven Sitzmöbels ab. 1926 entwickelte Mart Stam den ersten Stuhl ohne Hinterbeine. Ein Stuhl ohne Hinterbeine ermöglicht es, den Stuhl durch das Gewicht des Sitzenden zum Schwingen zu bringen. Der Stuhl schwingt dabei so "frei" - es gibt keinen Widerstand - außer der Spannungselastizität des Rahmens.
Im Duden findet man folgende kurze prägnante Erläuterung zum Freischwinger: "Stuhl mit einem aus Stahlrohr gebogenen federnden Gestell."
Die heute häufig vorkommenden Freischwinger nutzen dazu tatsächlich als Gestell einen gebogenges Stahlrohr. Es wurden aber auch andere Materialien wie Holz zum Schwingen verwendet. So unter Regie vom Finnen Alver Aalto. Doch die Faszination des "Frei Schwingens" ergibt sich besonders durch die Verwendung eines Metallrohres. Das Gewicht des Sitzenden wird über ein dünnes Rohr - welches zu einem liegendem U gebogen wurde - umgeleitet. Umgeleitet zum Standfuß. Gern würde ich mir eine Visualisierung der Kraftverteilung anschauen, die sich vom Stahlrohr unter der Sitz- und Lehnenfläche bis hin zum Fußteil verteilt, wenn der Stuhl belastet wird. Jede Gewichtsverteilung des Sitzenden wird von nun an wieder neu auf das gesamte Gestellt verteilt und ausgeglichen.
Als persönliche Anekdote und meiner ersten bewussten Begegnung mit einem Freischwinger, fand bei meinem damaligen Zahnarzt statt: Als Kind mussten mir aufgrund zu geringen Abstandes einige Zähne gezogen werden. Ins Wartezimmer mit großer Anspannung im Hinblick auf die bevorstehende Strapaze eingegangen, nahm ich damals Platz auf einem Freischwinger der 70er Jahre. Schon nach kurzer Zeit begann ich etwas hin und her zu wippen. Schnell stellte sich dadurch bei mir das Gefühl einer Art der Leichtigkeit ein. Ich verspürte, dass mich dieses Wippen unbewusst entspannen ließ. Schon dadurch gewann ich den Freischwinger, wenn auch nur im Unterbewusstsein, lieb, war er doch in dieser Situation ein Gehilfe der mir dabei half, meine Anspannung zu verringern. Auch wenn der damalige Freischwinger keine Besonderheit darstellte und einer von Millionen produzierten Examplaren war und bestimmt kein originales Sitzmöbel aus den 30er Jahren, so konnte ich die Lebendigkeit seines Wesens doch spüren.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, Freischwinger gibt es nicht nur als Stuhl, sondern auch als Sessel, Sofa oder Hocker. Besonders aber im Entwurf von Mart Stam, in der Version mit Formschichtholz zeigt sich, wie bequem ein Stuhl aus den Materialen Metall und Holz sein kann.